Böhringer Jubiläum ( Ouelle: AMS/19 - September 82 ) |
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Der
Rallye-Mann der frühen sechziger Jahre bewohne ein Haus in Stuttgart-Rotenberg,
genau oberhalb der berühmten Stuttgarter Firma mit dem Stern im
Markenzeichen. "Was heute beim Daimler läuft, kann ich von
hier aus prima kontrollieren", strahlt der verschmitze Schwabe. |
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"Manchmal", bekennt der Mercedes-Mann habe er schon ein Auto "aufs Dach gestellt", Und Rennleiter Karl King mutmaßte meist, wenn Böhringer von Rallye-Ausflug heimkehrte: "Ich brach' gar nicht aus dem Fenster zu sehen, das Auto ist ja doch krumm." Darauf erwiderte sein Pilot oft: "Sie haben schon recht, Herr Kling." Böhringers oberster Chef, Technik-Direktor Professor Dr. Fritz Nallinger, nahm den wilden Böhringer einmal zur Seite und erklärte: "Nur ein Auto, das ins Ziel kommt, kann auch gewinnen, Herr Böhringer." Nallingers
Rat fruchtete. Böhringers Siege bei den Rallyes in Griechenland
und in Polen stempelte den Mercedes-Lenker 1962 zum klaren Favoriten
in der Europameisterschaft. |
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Auch die Reise von Lüttich nach Sofia verlief zunächst programmgemäß. "Auf bequemen Strecken haben wir ständig gewechselt, nur auf den knappen Etappen bin ich gefahren, und der Herrmann hat die Kurven angekündigt. Ansonsten hatte jeder von uns die Route exakt im Kopf, und einer konnte sich immer ausruhen", erinnert sich der Rentner. Seine Kalkulationen wurden dann aber plötzlich durch einen Defekt über den Haufen geworfen. Kurz vor dem jugoslawischen Seebad Dubrovnik streikte der Regler der Lichtmaschine. Für einen schnellen Werker wie Herrmann Eger kein Problem: " Aber in der Hektik sind zwei Schrauben in den Sand gefallen", erinnert sich Eger noch heute voller Grimm, denn die verlorenen 15 Minuten hatten weitere Folgen. Bei der Aufholjagd rutschte sein Chauffeur von der Piste und räumte breitseits einen Telefonmasten aus dem Weg. Der Mast knickte, und die Beifahrertür konnte fortan nicht mehr geöffnet werden, aber der Mercedes setzte seine Fahrt unbeeindruckt fort. 1962 wurden die Startnummern nicht wie heutzutage nach der Qualifikation des Piloten ausgegeben, sondern durch Los ermittelt. Das Mercedes-Team hatte einen unglücklichen Griff und hohe Nummer 82 gezogen. "Zum Sieg müssen wir mindestens 40 Autos vor uns überholen, und das im Staub der Schotterstraßen", kalkulierten die Schwaben und ersannen eine gewagte List. An jeder Kontrolle stempelte das Mercedes-Duo etwas spät, nutzte die vom Veranstalter genehmigte, straffreie Karenzzeit, ließ sich so insgesamt zwei Stunden hinter das gesamte Feld zurückfallen - und balacierte ständig am drohenden Ausschluß entlang. "Wir konnten nun ohne Überholen und Staub fahren, ein Defekt oder eine zusätzlicher Zeitverlust hätte uns aber unweigerlich aus dem Rennen geworfen", erinnert sich Herrmann Eger und kramt eine weitere brenzlige Situation aus dem Gedächnis: "Plötzlich kamen uns einige Teilnehmer entgegen." Die Erklärung lieferte Böhringers Markenkollegin Ewy Rosqvist: Ein defekter Lastwagen versperrte einen Engpaß, das Feld suchte deshalb nach einer Umgehungsstrecke. Nicht aber Böhringer."Hermann, wir müssen da durch", lautete die Befehlsausgabe. Vor dem Nadelöhr gab Böhringer Gas. Auf der Strecke blieben zwei abgerissene Türgriffe, einer wurde am Felsen abgestreift, der andere am Lastwagen, "aber das Auto war ja ohnehin schon beschädigt", grinst Böhringer und freut sich noch heute diebisch über die verdutzten Gesichter der Konkurrenten, als sich der Mercedes plötzlich wieder im Hauptfeld tummelte. Durch Jugoslawien und Italien saß Böhringer nicht weniger als 20 Stunden hinter dem Steuer. Wie hält man sich drei Tage und drei Nächte wach? Böhringer: "Für Motivation sorgte der knappe zeitplan. Die körperliche Fitness garantierten Traubenzucker, Milch und Unmengen an Wasser." An Bord der Rallye-Wagens herrschte eiserne Disziplin: "Wenn einer müde wurde, dann haben wir sofort gewechselt, wenn es nicht gerade auf einer knappen Etappe passierte, aber da hatte man ja ohnehin keine Zeit", erklärte der Mercedes-Pilot. In Linda erfuhren Böhringer und Eger, das sie in Führung lagen, an die folgende Zeitkontrolle in Ulm erinnert sich Böhringer mit besonderer Freude: Dort wartete Konkurrent und Freund Paul-Ernst Strähle aus Schorndorf. Er war mit seinem Porsche schon längst ausgefallen und wetterte voller Zorn über einen Spitzbuben, der in Bosnien doch glatt einen Telefonmast umgefahren hatte: Strähles Porsche hatte sich in den Telefonkabel festgefahren. Böhringer teile vorsichtshalber erst später mit, das der Spitzbub er gewesen war. |
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